Nach der Synode 2015 = vor der Synode 20??

Hermann Häring9. 1. 2016

Einleitung zur Stellungnahme von Hermann Häring, exklusiv für die ok21
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Foto: Eröffnung der Synode am 4. Oktober 2015 in der Petersbasilika www.cruxnow.com

 

Hermann Häring hat exklusiv für die ok21 eine Einleitung zur Stellungnahme Nach der Synode ist vor der Synode. Eine Stellungnahme zum Schlussdokument der Bischofssynode vom 24. Oktober 2015. Diese Einleitung haben wir in der slowakischen Übersetzung von Monika Kontúrová mit einem Kommentar und einigen Auszüge veröffentlicht (siehe in der slowakischen Sektion) und hier in dem deutschen Original (die Fußnoten hat Peter Križan beigegeben).

Einleitung zu „Nach der Synode ist vor der Synode“ Hermann Häring, 20.12.2015

Im Oktober 2014 und im Oktober 2015 setzte sich die römische Bischofssynode mit Fragen der Ehe und Familie auseinander. Dies hatte schon im Vorfeld hohe Erwartungen geweckt. Wie eine wegweisende Rede von Kardinal Walter Kasper vor den Kardinälen am 21. Februar 2014 zeigte, erwartete der Papst erneuernde Schritte. In ihrer Ehepastoral sollte die Kirche ein barmherziges Gesicht zeigen. Was aber konnte damit gemeint sein? Wie würden die Bischöfe aus verschiedensten Kulturen diesen Aufruf verwirklichen? Bald ließen sich auch Gründe für die Probleme benennen, die zu erwarten waren.

(1) Die Bischofssynoden wurden nicht sorgfältig vorbereitet. Vor allem das Arbeitsdokument für die Sitzung 2015 war sehr vage, es präsentierte weder genaue Problemanalysen noch realistische Lösungsvorschläge.

(2) Die Abgründe, die sich schon in den vorbereitenden Befragungen zwischen dem offiziellen Lehramt und der Praxis der Gläubigen in Ehe- und Sexualfragen zeigten, wurden nicht ernstgenommen und haben zu keinen tiefergehenden moraltheologischen und humanwissenschaftlichen Untersuchungen geführt. Bischöfe, die meinten, man könne diese Fragen im Gespräch vor Ort lösen, haben ihre Fachkompetenzen überschätzt

(3) Die bischöflichen Gremien von 2014 und 2015 haben sich dem Hauptproblem nicht ausdrücklich gestellt: Wie lassen sich lehramtliche Festlegungen in unterschiedliche kulturelle Kontexte übersetzen? Auf welcher Ebene benötigen wir eine einheitliche Antwort und auf welchen Ebenen sind dezentrale Antworten möglich? Nur wer davon eine globale Vorstellung hat, kann positive Lösungen entwickeln.

(4) Schließlich war die Synode mit einem strukturellen Problem konfrontiert. Papst Franziskus verstärkte das synodale Prinzip, erwartete also klare Antworten. Das Statut der Synode setzt aber eine monokratische Struktur voraus, lässt also nur beratende Antworten auf gestellte Fragen zu. So zeigt auch die kontroverse Interpretation des abschließenden Textes, dass er keine eindeutigen Interpretationen zulässt. Eine letzte Entscheidung wurde erneut in die Hände des Papstes gelegt.

Die unklaren oder enttäuschenden Ergebnisse sind also nicht primär einer defizitären Arbeit der beratenden Bischöfe anzulasten, sondern der Tatsache, dass sich die Komplexität der anstehenden Fragen nicht mit einer Bischofssynode dieses Zuschnitts lösen lässt. Wir benötigen ein eigenständiges, synodal konstituiertes Gremium, das mit der Geschichte des Glaubens und mit den kulturellen Kontexten der Gegenwart sachkundig, selbstbewusst und vor allem selbstkritisch umgehen kann. Von vornherein war klar: Diese Bischofssynoden konnte noch keine umfassenden Antworten entwickeln. Sie hat aber einen Prozess eröffnet, der sich wohl erst nach Jahren befriedigend abschließen lässt.

Deshalb kann auch diese Stellungnahme nicht endgültig sein. Vieles hängt von der abschließenden Entscheidung des Papstes und von der Frage ab, wie das Volk Gottes auf neue Regelungen reagiert. Sicher ist allerdings auch: Bei der aktuellen monokratischen Kirchenstruktur und solange das Unfehlbarkeitsdogma rigide und ungeschichtlich interpretiert wird, kann die katholische Kirche ihre zentralen Fragen des Glaubens und des Handelns nicht angemessen weiterentwickeln. Deshalb sind die erneuernden spirituellen Impulse des Papstes durch eine theologische Erneuerung und Selbstbeschränkung des offiziellen Lehramts zu ergänzen. Diese Lehre kann man schon jetzt aus diesen Bischofssynoden ziehen.

Nach der Synode Ist vor der Synode

Der Text ist auch auf den anderen Webseiten veröffentlicht worden, z. B.

http://www.ikvu.de/kontexte/texte-personen/kommentar2015-02-haering.html

http://www.imprimatur-trier.de/2015/Imprimatur-2015-04_6.pdf

http://www.zeitgemaess-glauben.at/cms/auslese/221-nach-der-synode-ist-vor-der-synode

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